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Stromdiebstahl fürs Elektroauto – Dürfen Vermietende fristlos kündigen?

Das Laden eines Elektroautos an gemeinschaftlichen Steckdosen ohne Erlaubnis kann zwar als Stromdiebstahl gelten, rechtfertigt jedoch nicht automatisch eine Kündigung – insbesondere bei geringem Schaden und ohne vorherige Abmahnung. Ein aktuelles Urteil zeigt, dass Gerichte eine Einzelfallprüfung vornehmen und der Hausfrieden sowie das Verhalten der Mietenden entscheidend sind.

RE/MAX Neumünster

9 Min. Lesezeit

Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektro- und Hybridfahrzeugen rückt eine neue Fragestellung in den Fokus: Was passiert, wenn Mietende ohne Absprache Strom aus gemeinschaftlichen oder fremden Steckdosen nutzen, um ihr Auto zu laden? Ist das bereits ein Kündigungsgrund? Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Leverkusen (Az. 22 C 157/23) gibt Aufschluss – mit interessanten Konsequenzen für Mietende und Vermietende.

Was sagt das Gesetz?

Grundsätzlich stellt das unbefugte Entnehmen von Strom Diebstahl dar. Gemäß § 248c Abs. 1 StGB fällt auch die „Entziehung elektrischer Energie“ unter das Diebstahlsrecht. Doch entscheidend für straf- und zivilrechtliche Konsequenzen ist der Wert des entwendeten Stroms. Handelt es sich um eine „geringwertige Sache“ (unter 50 Euro), kann eine Strafverfolgung nur erfolgen, wenn das Opfer – in diesem Fall Vermietende oder andere Mietende – ausdrücklich einen Strafantrag stellt (§ 248a StGB).

Der Fall: Hybridfahrzeug am Gemeinschaftsstrom geladen

In dem Leverkusener Fall hatte ein mietendes Paar sein Hybridfahrzeug mehrfach über eine Haussteckdose geladen. Die Kosten für den entnommenen Strom beliefen sich auf insgesamt rund 35 bis 40 Euro. Mitmietende beschwerten sich, da sie indirekt für den zusätzlichen Verbrauch aufkommen mussten. Der Vermieter reagierte entschlossen: Er kündigte das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Doch das Amtsgericht entschied zugunsten der Mietenden.

Warum war die Kündigung unwirksam?

Das Gericht führte mehrere Gründe an:

1.    Geringfügigkeit der Entwendung: Der Gesamtwert des gestohlenen Stroms lag unter 50 Euro, was nach dem Strafgesetz eine Verfolgung ohne Strafantrag ausschließt.

2.    Fehlende vorherige Abmahnung: Laut § 543 Abs. 3 BGB ist eine fristlose Kündigung nur zulässig, wenn vorher eine Abmahnung erfolgte, um den Mietenden Gelegenheit zur Verhaltensänderung zu geben.

3.    Einsicht der Mietenden: Das Paar entschuldigte sich und bot 600 Euro als Ausgleich an. Zudem versicherten sie, den Vorfall nicht zu wiederholen. Die Richterin sah den Hausfrieden dadurch als wiederhergestellt an.

4.    Keine erhebliche Pflichtverletzung: Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt eine ordentliche Kündigung eine erhebliche Pflichtverletzung voraus, die das Gericht hier nicht gegeben sah.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Vermietende und Mietende?

Dieses Urteil zeigt, dass Stromdiebstahl nicht immer eine sofortige Kündigung rechtfertigt. Dennoch sollten sowohl Vermietende als auch Mietende einige Punkte beachten:

Tipps für Vermietende:

·         Klare Regelungen im Mietvertrag: Es empfiehlt sich, die Nutzung gemeinschaftlicher Steckdosen explizit zu regeln oder eine Nutzungspauschale für das Laden von E-Autos festzulegen.

·         Abmahnung als erster Schritt: Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung kann unwirksam sein.

·         Separate Stromzähler oder Ladestationen: Um Streitigkeiten zu vermeiden, können separate Ladestationen mit eigener Abrechnungslösung installiert werden.

Tipps für Mietende:

·         Erlaubnis einholen: Wer sein Elektroauto über eine Gemeinschafts- oder Haussteckdose laden möchte, sollte vorher die Zustimmung der vermietenden Partei oder der Miteigentümergemeinschaft einholen.

·         Kostenbeteiligung klären: Falls eine Steckdose genutzt wird, sollte eine faire Kostenregelung vereinbart werden.

·         Alternative Lademöglichkeiten nutzen: Wer keine Lademöglichkeit in der Wohnanlage hat, kann auf öffentliche Ladestationen ausweichen, um Konflikte zu vermeiden.

Fazit zum Laden von Elektroautos an Gemeinschaftssteckdosen

Stromdiebstahl ist grundsätzlich ein Kündigungsgrund – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Eine Abmahnung ist in den meisten Fällen erforderlich, und der entwendete Betrag muss eine gewisse Relevanz haben.

Dieses Urteil macht deutlich, dass nicht jeder Verstoß automatisch zur fristlosen Kündigung führt, sondern immer eine Abwägung der Umstände notwendig ist.

Für Vermietende lohnt es sich daher, proaktiv Lösungen für das Laden von Elektrofahrzeugen in Mietobjekten zu schaffen. Denn mit der zunehmenden Elektrifizierung des Verkehrs wird das Thema in Zukunft noch relevanter.

Quellen: lexsoft.de, gesetze-im-internet.de, anwalt.de, rsw.beck.de, haufe.de, immonewsfeed.de, clayton-stonehouse.de